Die zweifache Menschenwürde

und die Würde des Lebens

Die Vorstellung einer unveräußerlichen Menschenwürde, und daraus abgeleiteter Menschenrechte, konnte sich in Europa erst nach vielen schlimmen Erfahrungen durchsetzen. Heute drängen westliche Staaten den anderen Kulturen ihr Modell von Menschenrecht und Demokratie als vorgebliche Problemlösung auf. Viel zu oft maskieren sie damit nur Wirtschafts- und Machtinteressen. Angesichts der Flüchtlingsströme aus wirtschaftlich ausgebeuteten, kriegs- und tyranneigeschundenen Regionen darf jeder genauso sich selbst prüfen, ob er oder sie tatsächlich Recht und Würde aller Menschen meint.

Magnolie

Die Idee einer unveräußerlichen Menschenwürde umfasst den Menschen ungeachtet von Herkunft, Geschlecht, Alter und sogar seiner Handlungen. Selbst dem Verbrecher und jenen, die die Würde anderer und damit auch die eigene mit Füßen treten, müssen wir sie zugestehen. Es gibt also einen Aspekt der Würde, der grundsätzlich jedem Menschen zukommt, eine vom Mensch-Sein selbst getragene Würde, unverdient, unveräußerlich und nicht relativiert durch das folgend Genannte. Hieraus leiten sich die Menschenrechte als notwendige Schutzrechte ab.

Zu bedenken bleibt darüber hinaus eine unveräußerliche Würde der Natur, des Lebens, dieser Schöpfung.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Zu einem anderen Teil hat Menschenwürde sehr wohl damit zu tun, wie ein Mensch handelt und was er lebt. Daraus leiteten andere beispielsweise schon Menschenpflichten ab. Welche Werte leben wir, pflegen wir einen Sinn für Anmut und Schönheit, was sind unsere Beweggründe und Visionen, wie bringen wir uns in das große Leben ein? Würde im Sinne von Reputation und gesellschaftlichem Ansehen, das wir genauso schnell verlieren wie gewinnen können, lasse ich in diesem Zusammenhang außen vor.

Würde bedeutet immer auch Würdigung des Anderen. Das ist mehr als „Toleranz“ (wörtlich „Ertragen“). Indem wir die Einzigartigkeit, die uns in unseren Mitmenschen, im Lebensganzen und allem Lebendigen begegnet, immer wieder neu entdecken, schenken wir uns gegenseitig Raum zu innerem Wachstum und profitieren davon auch selbst.

„Mut zu uns selbst“ ist eben gerade nicht Selbstbespiegelung, sondern schließt als maßgebliche Gesundheitsquelle alles dies mit ein.

Magnolie

Mit diesem Hintergrund dürfen einige Fragen gestellt werden.

… wobei das Wort „Würde“ stets auch für „Wert“ und Wertschätzung steht:

  • Wie nehme ich Würde wahr und wie gewahre ich Würde — in mir und in anderen?
  • Kann es durch Würdigung gelingen, für mich selbst wie auch für andere Räume zu schaffen, die eine vollständigere Wahrnehmung und inneres Wachstum ermöglichen?
  • Wie gelingt es mir, das oder den oder die „ganz Andere“ zu würdigen, und wo sind meine Grenzen?
  • Wo und wen kann ich nur im Stillen würdigen — beispielsweise indem ich mich weigere, einen destruktiven Menschen zu dämonisieren oder als Gegner zu sehen?
  • Ist meine Beziehung zur lebendigen Natur meiner selbst würdig? Zur Erde, zu Bäumen, Pflanzen, Tieren und all den uns begleitenden und erhaltenden Wesen?
  • Was machen bestimmte Menschenbilder mit meiner, deiner, unserer Würde? Etwa, wenn wir den Menschen als Betriebsunfall der Evolution verstehen?
  • Wie gestalte ich, wie gestalten wir unseren Alltag würdig? In den vielen kleinen Dingen oder auch in unserem Verhältnis zum Geld, zu Macht, Recht und Politik, in der Liebe, im Aufwachsen der Kinder, im Gewinnen der Nahrung, in Bildung und Gesundheitsfragen…

„Die Freiheit ‚hat‘ man nicht – sondern die Freiheit ‚bin ich‘.“ (Viktor Frankl)

 

Mensch im Maßwerk