Rezension Organon Studienausgabe

Eine vortreffliche Studienausgabe

Classen, C. (2002): Hahnemanns Organon der Heilkunst, Studienausgabe für die Praxis, 364 S., geb.; Stuttgart (Sonntag). – 34.95 €

Viele Homöopathen sind sich der Notwendigkeit bewusst, Grundlagen und „Klassiker“ der Homöopathie einem ernsthaften Studium oder zumindest einer aufrichtigen Lektüre zu unterziehen. Doch was oft mit viel „good will“ und Enthusiasmus begonnen wird, führt bei vielen recht schnell zu Frustration oder gar Langeweile. Zu schwer verständlich, zu altes Deutsch, zu lange Sätze. Auch das Organon, das wohl bei aller Verschiedenheit methodischer Ansätze als kleinster (oder besser größter?) gemeinsamer Nenner aller Homöopathen bezeichnet werden muss, erleidet leider nur allzu oft dieses Schicksal.

Da kommt uns Classens „Studienausgabe für die Praxis“ gerade recht, und einmal mehr unternehmen wir einen weiteren Versuch, in die Tiefen des Meisterwerkes von Hahnemann einzudringen. Und, oh Wunder, diesmal wird es uns wirklich leichter gemacht. Das Buch enthält nicht nur den vollständigen Originaltext der letzten 6. Auflage, sondern auch die wichtigsten Auszüge der 5. Auflage, die inhaltlich von der 6. abweichend CPotenzen bzw. Behandlung mit C-Potenzen zum Thema haben. Das ist gut, da nicht wenige Therapeuten entweder ausschließlich mit CPotenzen oder sowohl mit C- als auch Q-Potenzen arbeiten. Die historischen Grundlagen hier erstmals im direkten Vergleich gegenüberstellen zu können ist nicht nur spannend, sondern dank Hahnemanns Praxistipps durchaus auch verwertbar und hilfreich.

Carl Classen hat sich ja bereits einmal die Mühe gemacht, ein umfangreich gegliedertes Inhaltsverzeichnis für das Organon zu erstellen, und so finden wir auch hier nach dem Einleitungsteil eine erste Gliederungsübersicht über die Paragraphen des Organon zusammengestellt. Danach folgen die einzelnen Paragraphen im Originaltext, wobei Überschriften und Angaben zu den Paragraphen auch optisch eine gute Orientierung ermöglichen. Doch eine Studienausgabe soll kein reines Wiedergeben des Originaltextes in neu gesetzter Form sein, und so hat der Autor alle Paragraphen in einer Art Kurzübersetzung oder wie’s besser klingt in einem kurzen „summary“ auf der gegenüberliegenden Seite in zeitgemäßer Sprache für uns „extrahiert“. Viele lange Schachtelsätze werden dadurch verständlich dargestellt und erörtert.

„Ja, aber …“ hören wir an dieser Stelle schon die Abteilung jener getreuen Kollegen rufen, die in ihrem Ringen um eine möglichst authentische Auslegung der Worte des Meisters nicht mit den angegebenen Übersetzungen einverstanden sein mögen oder eventuell die Gefahr einer Falschauslegung wittern. Ihnen sei zur Beruhigung gesagt, dass Classen sich alle Mühe gegeben hat, inhaltlich korrekt und so nah am Original wie möglich zu „übersetzen“.

So lässt es sich mit diesem Buch wirklich trefflich „studieren“. Ein Highlight stellt zudem das sehr umfangreiche und schön gegliederte Stichwortverzeichnis am Ende des Buches dar. Was sagt Hahnemann zur Causa einer Krankheit? Was zu einseitigen Krankheiten? Zu Gemütssymptomen? Oder etwa zum Thema Impfung (!)? Alles ist schnell und direkt mit Hilfe des Verzeichnisses aufzufinden und der Leser bzw. Studierende kann ganz gezielt in Absätzen und Paragraphen zu für ihn relevanten Themen nachlesen. Die Studienausgabe für die Praxis hilft allen Homöopathen, zu einem tieferen Verständnis des wichtigsten Grundlagentextes der Homöopathie zu gelangen.

Deshalb: Wirklich empfehlenswert!

Matthias Winkler, Homöopathie-Zeitschrift II/2002