Richtlinien des ECCH und ICCH für gute homöopathische Arzneimittelprüfungen

„Hat man nun eine beträchtliche Zahl einfacher Arzneien auf diese Art im gesunden Menschen erprobt und alle die Krankheits-Elemente und Symptome sorgfältig und treu aufgezeichnet, die sie von selbst als künstliche Krankheits-Potenzen zu erzeugen fähig sind, so hat man dann erst eine wahre Materia medica – eine Sammlung der ächten, reinen, untrüglichen Wirkungsarten der einfachen Arzneistoffe für sich …“
(Samuel Hahnemann, Organon der Heilkunst, § 143)

Die Richtlinien des ECCH, übersetzt habe ich hier den etwas veralteten Stand von 1999, verstehen sich als Empfehlung für einen europaweiten Standard. Andere Formate können als Eigenerfahrung, Gelegenheits-Prüfungen ihre jeweils eigene Berechtigung haben.

Einführung

Der Verlauf einer Heilung und die Vorgehensweise beim Prüfen einer Arznei sind sich ähnlich, aber genau entgegengesetzt. Eine gesunder Mensch, der ein „Arzneimittel“ (potenziertes Agens) während einer Arzneimittelprüfung einnimmt, wird mit Symptomen aufwarten, die von seiner Empfänglichkeit bestimmt sind. Ein kranker Mensch, der ein dem Similegesetz entsprechend verordnetes Mittel einnimmt, erfährt die Wiederherstellung seiner Gesundheit.

Während der letzten Jahrzehnte ist die Welt durch Erfahrungen hindurchgegangen, die es zu Zeiten Hahnemanns nicht gab: sowohl radioaktive Strahlung, petrochemische und industrielle Umweltverschmutzung in globalem Maßstab, als auch entsetzliche Erschütterungen wie Weltkriege und Holocaust. Zur selben Zeit ist die Anzahl und der Schweregrad von Autoimmunerkrankungen beträchtlich angestiegen. Folgt man Hahnemanns Lehre, könnte es eine homöopatische Antwort auf alle Krankheiten geben. Da Homöopathen sich zur Aufgabe gemacht haben, Kranke zu heilen, sollten wir uns bemühen, über die Prüfung neuer Arzneien Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Durch ein sorgfältig reflektiertes Vorgehen und entsprechende Auswahl werden wir jene Substanzen prüfen, die am meisten Nutzen versprechen. Ebenso ist es wichtig, jene vielen unzureichend geprüften, aber bewährten Mittel einer umfassenden AMP zu unterwerfen, besonders die als „kleine Mittel“ bekannten, von denen wir nur einen Teil ihres vollen therapeutischen Potentials kennen.

In den letzten zehn Jahren wurden von zahlreichen Gruppen von Menschen überall in der Welt Arzneimittelprüfungen durchgeführt. Jedoch offenbart nähere Untersuchung dieser Arzneimittelprüfungen große Unterschiede bezüglich methodischen Ansatzes und Qualität des erhaltenen Materials. Einige folgten genau den von Hahnemann beschriebenen Abläufen, andere sind eher „zwanglose Experimente“, die unvollständig ausgeführt wurden. Einige dieser Ansätze sind „Seminar-Arzneimittelprüfungen“, „Traumprüfungen“, „Meditationsprüfungen“, „persönliche“ Arzneimittelprüfungen usw.. Vielen mangelt die feine und nahe Beobachtung, die durch den ganzen Vorgang einer korrekten hahnemannischen Arzneimittelprüfung hindurch erforderlich ist, und viele versagen, wenn es schließlich zu dem langwierigen und mühsamen Stadium der Extraktion, des Zusammentragens und Vergleichens kommt.

In diesem Dokument möchten wir die Notwendigkeit für jedes teilweise geprüfte oder ungeprüfte Mittel betonen, in seinem Potential durch mindestens eine hahnemannische Arzneimittelprüfung von guter Qualität bestätigt zu werden. Ab hier bezieht sich die Bezeichnung „Standard-Arzneimittelprüfung“ auf eine volle hahnemannische Arzneimittelprüfung.

Eines der Ziele und Gegenstände des ECCH und ICCH ist: „sich weltweit auf die höchsten Standards der Ausübung klassischer Homöopathie zu einigen, diese zu festzulegen und zu überwachen“. In unserem Bemühen, einen Prozess zu anzuregen und zu unterstützen, mit HIlfe dessen die höchsten Arzneimittelprüfungsstandards durch die größtmögliche Anzahl von Homöopathen in der ganzen Welt übernommen werden, hat das ICCH für die Ausführung einer guten Arzneimittelprüfung die folgend empfohlenen Richtlinien festgelegt.

Diese Richtlinien sollen keineswegs ein gründliches Studium ersetzen, das auf ein tiefes Verständnis von Philosophie und Methodik der Arzneimittelprüfungen ausgerichtet ist. Die Richtlinien sollten mehr als eine „Checkliste“ von Prinzipien und Praktiken betrachtet werden, die nicht fehlen dürfen. Bevor irgend jemand eine homöopatische Arzneimittelprüfung ausführt, ist es essentiell, die Paragraphen 105 bis 145 von Hahnemanns Organon der Heilkunst sorgfältig studiert zu haben. Zusätzlich empfehlen wir ein gründliches Studium der am Ende dieses Dokumentes angegebenen Literatur.

Sicherheit und Ethik

„Doch bleiben diejenigen Prüfungen der reinen Wirkungen einfacher Arzneien in Veränderung des menschlichen Befindens und der künstlichen Krankheitszustände und Symptome, welche sie im gesunden Menschen erzeugen können, welche der gesunde, vorurtheillose, gewissenhafte, feinfühlige Arzt an sich selbst mit aller ihn hier gelehrten Vorsicht und Behutsamkeit anstellt, die vorzüglichsten.“ (Samuel Hahnemann, Organon § 141)

Ein organisiertes Experiment, das die Gabe irgendeines potenzierten Agens oder rohen Materials einschließt, impliziert wichtige Anforderungen An Ethik und Sicherheits. Arzneimittelprüfungen setzen die beteiltigten Menschen Einflüssen aus, die tiefe und langfristige Wirkungen auf ihr physisches und psychologisches Wohlbefinden haben können. Alle potentiellen Prüfer sollten über diese Möglichkeit umfassend aufgeklärt werden. Prüfern, die nicht unter geeigneter Supervision sind, fehlt unter Umständen die volle oder ausreichende Unterstützung und Begleitung, die zu ihrer eigenen Sicherheit notwendig sind.

Wer eine Arzneimittelprüfung nicht als eine volle hahnemannische Prüfung mit klarem Protokoll durchführt, sollte sich dessen im vollen Umfang bewußt sein. Teilnehmende in solch weniger supervidierten, eher ‘zwanglosen Prüf-Experimenten’, sollten vorher beraten und aufgeklärt werden, in was sie sich hineinbegeben. Bei solchen Prüf-Experimenten ist nicht gewährleistet, dass die Unterstützung, Führung und Sicherheitsvorsorge angeboten werden kann, für die die „Standard-Methode“ sorgt. Aus ethischer Sicht sollten Seminarteilnehmer schon vor einem Seminar aufgeklärt werden, ob die Referenten planen ein solches Experiment durchzuführen, damit die Teilnehmenden nicht mit einer plötzlich mit einer Entscheidung konfrontiert werden, ob sie teilnehmen wollen oder nicht. Jene, die solche Gruppenversuche organisieren, sollten sich darauf einstellen, genügende Unterstützung und Supervisionsmöglichkeiten vorzubereiten für alle Teilnehmer, die dies nach dem Experiment brauchen könnten.

Das Gleichgewicht von Zeitaufwand, Energie, möglichem Unbehagen, Sicherheit und Wohlbefinden der Teilnehmenden muss sorgfältig gegen die potentielle Möglichkeit abgewogen werden, tatsächlich extrahierte gültige und nützliche Information daraus zu gewinnen, die die homöopathische Materia Medica wirklich bereichert und schließlich dann veröffentlicht wird, um die therapeutischen Möglichkeiten aller Homöopathen zu verbessern.

Wissen teilen und mitteilen

Die Satzung des ECCH und ICCH nennt als eines ihrer Hauptziele, „die Einheit und Harmonie des klassisch homöopatischen Berufsstandes anzuregen und durch wechselseitige Zusammenarbeit und Austausch von Wissen, Erfahrung und Ressourcen zu fördern“. Der Vorgang der Arzneimittelprüfungen liefert eine wesentliche Quelle des Wissens und Verständnisses für Homöopathen, das verwendet werden kann, die Qualität künftiger homöopathischer Praxis zu verbessern. Wenn dieses wichtige und einzigartige Wissen jedoch nicht extrahiert, aufgeschrieben, aufgelistet, organisiert und veröffentlicht wird, dann wird es der breiteren homöopatischen Oeffentlichkeit vorenthalten. Bis vor kurzem wurden nur wenige Arzneimittelprüfungen veröffentlicht, die den homöopatischen Berufsstand in breiterem Maße erreichten. Die Veröffentlichung umfassender, vollständiger Arzneimittelprüfungen haben sich als teure und arbeitsaufwendige Aufgabe erwiesen.

ECCH und ICCH sind damit betraut, Projekte anzuregen und zu unterstützen, die dazu beitragen, dieses wertvolle Wissen mit allen Mitgliedern der homöopatische Gemeinschaft zu entwickeln und zu teilen.

Ausbildung

ECCH und ICCH haben sich bereits ausführlich mit dem Thema Ausbildung beschäftigt und haben „Richtlinien für homöopatische Aus- und Weiterbildung“ herausgegeben. Durch diese „Richtlinien“, und auch auf anderen Wegen möchten ECCH und ICCH höhere Standards der Lehre und Ausbildung anregen, ganz besonders im Bereich der Philosophie und Methodik der Arzneimittelprüfungen. Das Thema Arzneimittelprüfungen während der Ausbildungsjahre zu studieren, wird unter den Qualitätsstandard unter der wachsenden Anzahl von Homöopathen wesentlich anheben.

Einer der besten Wege, um das homöopathische Verständnis von Gesundheit und Krankheit bei Studierenden der Homöopathie zu vertiefen, ist die aktive Beteiligung an einer vollen hahnemannischen Arzneimittelprüfung. Teilnahme an einer gut organisierten Standard-Arzneimittelprüfung sollte idealerweise ein wesentlicher Teil des Lehrplanes jeder Schule sein. Sowohl Studierende (Freiwillige) als auch Außenstehende können dabei Prüfer sein. Andere Studenten könnten als Supervisoren fungieren oder die Extraktion und das Zusammentragen der Symptome durchführen. Auf diese Weise wird eine Generation von Homöopathen mit Erfahrungen in Arzneimittelprüfungen hohen Standards die Schulen absolvieren. Wie in allen Bereichen des akademischen Trainings sollte der Leiter einer solchen Arzneimittelprüfung eine Person sein, die in der Philosophie und Methodik von Arzneimittelprüfungen qualifiziert und erfahren ist.

Die Rolle von Berufsverbänden

Homöopatische Vereinigungen und Gesellschaften sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie die Pflicht haben, innerhalb ihrer Einflusssphäre jene, die in Arzneimittelprüfungen engagiert sind, zu begleiten, zu unterstützen und zu beraten. Wir möchten diese auch anregen, „Arzneimittelprüfungs-Fonds“ zu schaffen, die volle hahnemannische Arzneimittelprüfungen unterstützen und fördern. In unserem Bemühen, die Qualitätsstandards der Arzneimittelprüfungen anzuheben, das Sammeln und Verbreiten des Wissens zu fördern und das Thema Arzneimittelprüfung für zukünftige homöopathische Ausbildungen zu vertiefen, rufen die Mitglieder von ECCH und ICCH auf zu Einigkeit und gegenseitiger Unterstützung der vielen Gesellschaften und Individuen, die rund um die Welt im Prozess der Arzneimittelprüfungen engagiert sind.

Richtlinien:

Eine Checkliste für gute Arzneimittelprüfungen

DIE PRUEFER

Gesundheit

  • Keine Drogen, keine Medikamente (auch Anti-Baby-Pille).
  • Keine psychischen Krankkeiten (einschließlich länger andauernde psychische Erkrankungen in der Vergangenheit).
  • Keine chronische körperliche Krankheit (mögliche Unterdrückungen nachprüfen).
  • Die Prüfer müssen seit mindestens drei Monaten frei von jeder vorhergehenden homöopatischen Medikation sein.

Vorhergehende Fallaufnahme

  • Fallaufnahme des Prüfers durch den Supervisor, einschließlich aller vergangenen physischen und geistigen Symptome und Zustände.

Alter

  • Ueber 18 Jahre. Sonst nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Eltern.

Ausgenommen von Arzneimittelprüfungen

  • Frauen während der Schwangerschaft oder Stillzeit

Die Gruppe

  • Viele Prüfungsgruppen bestehen aus Homöopathen oder/und Homöopathiestudenten. Die Arzneimittelprüfung ist eine Erfahrung von hohem erzieherischem Wert für den Homöopathen oder zukünftigen Homöopathen. Es ist jedoch empfehlenswert, in eine gut ausgewogene Prüfungsgruppe auch Prüfer ohne homöopatischen Hintergrund einzubeziehen.

Gruppengröße

  • Die ideale Gruppengröße ist zehn bis zwanzig Prüfer.

DIE ZU PRUEFENDE SUBSTANZ

Die Ausgangsssubstanz erhalten

  • Alle Substanzen sollten so naturbelassen und so frei von Verunreinigung sein wie möglich.
  • Sorgfältige, genaue Aufzeichnungen sollten vorgenommen werden über Details der Originalsubstanz, einschließlich wann, wo und wie diese erhalten wurde, sowie Namen, Art, Geschlecht, Familie und alle anderen relevanten Daten, so dass es möglich ist, genau diese Substanz wieder zu besorgen, falls nötig.

Bezeichnung des Mittels

  • Es sollte möglichst der (die) lateinische(n) Namen der Ausgangssubstanz gebraucht werden.
  • Der Name sollte eindeutig sein in Bezug auf die geprüfte Substanz, so daß diese genau identifizierbar ist. Zum Beispiel sollten Materialien ähnlicher Quellen durch einen eindeutigen Namen unterscheidbar sein, der Unterart, geographischen Ursprung oder sonstige individuelle Merkmal spezifiziert.
  • Homöopatische Arzneihersteller sollten in dieser Angelegenheit mit herbeigezogen werden; sie sollten sich untereinander beraten, um einheitliche Mittelnamen und Abkürzungen zu finden und aufrecht zu erhalten und um Mehrfachbezeichnungen zu verhindern.

Präparat

  • Genaue Beschreibung des pharmazeutischen Herstellungsverfahrens (Modus der Verdünnung oder Trituration).

Arzneihersteller

  • Details zum Hersteller oder der/den Persone(n), die das Mittel herstellte(n).

Potenz

  • Es wird für die Arzneimittelprüfung empfohlen, zwei bis drei Potenzhöhen zu verwenden, um sicherzustellen, daß möglichst viele der feineren und subtileren Aspekten des Mittels erkundet werden können.

Placebo

  • Die Verwendung von Placebos dient als Hilfsmittel, die Aufmerksamkeit der Prüfer zu steigern; sie erhöht die Zuverlässigkeit und ermöglicht klarere Ableitung von Symptomen, wenn diese gegen jene gesetzt werden, die sich spontan in der allgemeinen Bevölkerung ergeben. Es wird empfohlen, 10-30 % der Prüfer arzneifreie Globuli zu geben.

DER PRUEFUNGSLEITER

Der Prüfungsleiter oder Koordinator ist für den ganzen Prozeß der Arzneimittelprüfung von Anfang bis Ende verantwortlich.

  • Der Prüfungsleiter sollte ein erfahrener Homöopath sein und wohl vertraut mit Philosophie und Methodik der Arzneimittelprüfungen. Er/sie sollte einige praktische Erfahrung mit dem Ablauf haben, durch aktive Teilnahme an einer schon früher abgeschlossenen Arzneimittelprüfung.
  • Der Prüfungsleiter ist verantwortlich für die Sicherheit der Prüfer, die Qualität der Arbeit der Supervisoren und für die Extraktion, den Vergleich und das Editieren der Symptome. Er/sie sollte eng vertraut sein mit allen Details (zu jedem Prüfer und Supervisor) und ebenso eine Uebersicht über das gesamte Projektes haben.
  • Um Freiheit von Voreingenommenheiten sicherzustellen, sollte der Arzneimittelprüfungsleiter ‘blind’ sein bezüglich des geprüften Mittels.

SUPERVISION

Gute aufmerksame Supervision ist einer der Schlüsselfaktoren, um erfolgreiche und fruchtbare Arzneimittelprüfungen sicherzustellen.

  • Die Supervisoren sollten erfahrene Homöopathen sein.
  • Supervisoren sollten nur einen Prüfer zugleich beaufsichtigen, wenn sie nicht über beträchtliche Erfahrung verfügen.
  • Die Supervisoren nehmen den ‘Fall’ der Prüfer vor der Arzneimittelprüfung auf, einschließlich aller vergangenen physischen und geistige Symptome und sonstiger Zustände.
  • Supervisoren sollten in engem Kontakt mit dem Prüfer bleiben vom Augenblick der ersten Einnahme an und müssen sich danach verfügbar halten, um Symptome in Erfahrung bringen zu können.
  • Supervisoren sollten jeder Aenderung im Befinden des Prüfers äußerste Aufmerksamkeit schenken und sich vergewissern, dass diese sowohl im Prüfjournal des Prüfers als auch im eigenen Journal aufgenommen wird.
  • Supervisoren haben die Pflicht, den Arzneimittelprüfungsleiter von jeder Aenderung im Befinden oder Zustand eines Prüfers zu benachrichtigen, der die Sicherheit der Prüfer potentiell in Mitleidenschaft ziehen könnte.

DAS ARZNEIMITTELPRUEFUNGSKOMITEE

Ein Komitee mit 2-5 Homöopathen ist am besten geeignet für die ideale Gruppengröße von zehn bis zwanzig Prüfern. Die Aufgaben dieses Komitees sind:

  • Mittel auszuwählen, die Potenzen zu wählen und sich mit einem Arzneihersteller in Verbindung zu setzen.
  • Doppelblind-Prinzip durch die ganze Arzneimittelprüfung hindurch sicherzustellen.
  • Die Aufzeichnungen aufzuheben über die Arznei-Codes, und welcher Prüfer welche Arznei bekam.
  • Die Arznei und die Prüfjournale auszugeben.
  • Das Tippen und Veröffentlichen der Arzneimittelprüfung zu organisieren.
  • Eine klare Darstellung in den Protokollen zu gewährleisten.

IM WEITEREN EMPFOHLENES VORGEHEN

Orientierungstreffen

  • Das Ziel dieses Treffens ist, die Vorgehensweise im Detail zu erklären, den Prüfern wie den Supervisoren, und gegenüber allen Teilnehmern die erforderliche Tiefe der Beobachtung zu betonen.

Prüfjournale

  • Zwei Arten von Journalen müssen vorbereitet werden: eins für jeden Prüfer und für jeden Supervisor ein weiteres je Prüfer.

Fallaufnahme

  • Supervisoren nehmen den ‘Fall’ der Prüfer auf (siehe bei „die Prüfer“)

Der Arzneimittelprüfung vorausgehende Aufzeichnungen

  • Die Prüfer sollten 7 Tage vor der Einnahme des Mittels mit ihren Aufzeichnungen beginnen.

Anleitungsbrief

  • Jedem Prüfer und jedem Supervisor sollte eine gründliche schriftliche Anweisung in Gestalt eines „Anleitungsbriefes“ gegeben werden. Sie sollten diesen sorgfältig studieren und sich mit den Einzelheiten vertraut machen.
  • Beachte: gute Musterbriefe zur Unterweisungen von Prüfern und ein Brief zur Unterweisung der Supervisoren können in Jeremy Sherrs Buch gefunden werden „The Dynamics and Methodology of Homeopathic Provings“. Wir empfehlen sehr, diesen Musterbrief zu verwenden, der vom Copyright ausgenommen ist.

DIE ARZNEIMITTELPRUEFUNG

Genaue Anleitungen für Prüfern und Supervisoren sind in enthalten „The Dynamics and Methodology of Homeopathic Provings“, Seiten 91-98. Nur die Hauptpunkte werden folgend aufgelistet:

Alltag der Prüfer

  • Die Prüfer sollten bei ihren normalen Gewohnheiten und Lebensweise bleiben.
  • Sie sollten während der Dauer der Arzneimittelprüfung alle potentiell antidotierenden Faktoren vermeiden, wie beispielsweise Kaffee, (Alltags-) Drogen, Kampfer, Eukalyptus, Menthol und Minze. Jeder Gebrauch dieser Substanzen sollte zwei Wochen vor dem Beginn der Arzneimittelprüfung beendet werden.

Einnahme des Mittels

  • Wiederholte Einnahme – bis zu sechs Dosen (täglich drei).

Arzneimittelprüfungsprotokolle

  • Die Prüfer müssen sorgfältig alle Symptome, Modalitäten, Zeit des Auftretens und Begleiterscheinungen aufschreiben.
  • Es ist von größter Wichtigkeit, daß Symptome notiert werden solange der Eindruck noch frisch im Geiste ist.

Prüfer – Supervisor

  • Täglicher Kontakt ist aufrechtzuerhalten, solange wie weitere Symptome fortlaufend auftreten.
  • Am Ende eines jeden Tages müssen die Symptome von Prüfer und Supervisor durchgesehen werden sowie genauer untersucht, abgeklärt und detailliert aufgeschrieben werden. Supervisoren sollte immer versuchen, alle Empfindungen, Gefühle und Modalitäten zu herauszuholen, die noch übersehen wurden.

Dauer der Supervision

  • Die Dauer der Supervision, besonders für diejenigen die eindeutig ansprechen, sollte minimal drei Monaten erreichen. Außerdem sollte es ein Follow-up nach sechs Monaten geben.

Vertraulichkeit

  • Prüfer und Supervisoren sollten sich während der ganzen Dauer der Arzneimittelprüfung davon enthalten, Symptome oder Erfahrungen, die sie erleben, mit anderen Prüfern oder Supervisoren zu erörtern.

Gruppendiskussionen

  • Irgendwelche Gruppendiskussionen über die Arzneimittelprüfung sollten erst dann geführt werden, wenn alle Prüfjournale dem Arzneimittelprüfungsleiter ausgehändigt wurden.

EXTRAKTION

In dieser wichtige Phase sind die schriftlichen Journale in das Format der Materia Medica zu bringen und die gültigen Symptome zu extrahieren.

Das Team

  • Prüfer + Supervisor + ein weiterer Homöopath.
  • Prüfer und Supervisoren vergleichen die Notizen und klären jedes Symptom.

Das ‘Arzneimittelprüfungstreffen’

  • Findet statt, sobald die meisten Symptome der Prüfer abgeklungen sind, normalerweise etwa zwei bis drei Monate nach Beginn der Arzneimittelprüfung.
  • Auf diesem Treffen wird die Extraktionsarbeit unter Führung des Prüfungsleiters begonnen. Es wird jenen Hilfestellung gegeben, die Schwierigkeiten haben oder einen großen Umfang an Materials zu extrahieren haben.

Textformat

  • Für jeden Abschnitt (Gemüt, Allgemeines usw.) wird eine neue Seite angefangen
  • Details in der Kopfzeile jeder Seite: Körperteil, Prüfer-Code, Mittel-Code und Seitenzahl.
  • Eine linke Randspalte der Seite ist dem Eintragen von Zeitangaben vorbehalten, wann die Symptome zuerst auftraten (Zeit seit Arzneimittelprüfungsbeginn).

Sprache

  • Einfache Sprache und die eigenen Worte des Prüfers sollten erhalten werden.
  • Die Berichte sollten in der ersten Person (Ich-Form) geschrieben werden.

Kriterien für die Aufnahme von Symptomen:

  • Das Symptom ist neu, dem Prüfer unbekannt.
  • Das Symptom ist gewohnt oder bereits vorhandenen, steigerte sich jedoch in bemerkenswertem Grad.
  • Bereits vorhandene Symptome, die sich modifizierten oder änderten (mit klarer Differenzierung schon vorhandener und modifizierter Komponenten).
  • Alte Symptome, die seit mindestens einem Jahr nicht mehr aufgetreten sind (Zeitpunkt letzten Auftretens zu notieren).
  • Bereits vorhandene Symptome, die während der Arzneimittelprüfung verschwunden sind (Heilung).
  • Die Tageszeit, zu der ein Symptom auftrat, sollte nur dann mit aufgenommen werden, wenn sich diese Zeit bei einem oder mehreren Prüfer wiederholte.
  • Wenn ein Symptom zweifelhaft ist, nehmen Sie es in Klammern auf. Wenn ein anderer Prüfer dasselbe Symptom erfuhr, könnte es gültig sein. Wenn nicht, ist es ausgeschlossen.
  • Ein Symptom, das durch eine Aenderung im Leben hevorgerufen worden sein kann oder durch bestimmte äußere Ursachen erregt, sollte ausgeschlossen werden.
  • Symptome die eher zwanglos-experimentellen, informellen Arzneimittelprüfungen entspringen, sollten nur bei Uebereinstimmung mit den strengsten Kriterien veröffentlicht oder in Repertorien aufgenommen werden.

SORTIEREN, EDITIEREN UND UEBERTRAG IN REPERTORIEN

Sortieren, Editieren und ins Repertorium übertragen sind die mühsameren, viel Sorgfalt erfordernden und zeitraubenderen Arbeitsphasen in der Durchführung einer Arzneimittelprüfung. Der mit diesem Teil der Arbeit verbundenen Aufwandes sollte wohl erwogen werden, bevor man sich auf auf eine Arzneimittelprüfung einlässt. Es wird empfohlen, dass Arzneimittelprüfungsgruppen Rat suchen von erfahreneren Prüfern und die wenigen guten Beispiele sorgfältig studieren sollten, die schon veröffentlicht worden sind. Eine gut ausgewogene Gruppe für diese Aufgabe sollte sich aus verschiedenen erfahrenen Homöopathen zusammensetzen, die wohl vertraut sind mit den verschiedenen Repertorien und der Repertoriumsprache, und einem Prüfungsleiter, der über den ganzen Prozess von Anfang bis Ende die Uebersicht behält. Eine gute aktive Kenntnis der einheimischen Sprache der Prüfer ist ebenso Voraussetzung.

Sortieren

  • Das Ziel des Stadium des Sortierens ist, aus vielen unterschiedlichen Protokollen eine Synthese zu schaffen, wie ein Guß aus einer Hand.
  • Die verschiedenen Aufzeichnungsblätter aller Prüfer werden zusammengelegt, als ob sie von verschiedenen Teilen eines Körpers berichten würden.
  • Symptome mit einem gemeinsamen Nenner werden unter jedem Abschnitt zusammenhängend gruppiert.

Uebertrag in Repertorien

  • Im Stadium der Repertoriumsarbeit ist das Ziel, die zu prüfende Information akkurat und wahrheitsgemäß im Sinne der Repertoriumssprache zu interpretieren.
  • Jedes Symptom muss genau analysiert und in eine Rubrik übersetzt werden
  • Wenn notwendig, können eindeutige Symptome, die in vorhandenen Rubriken nicht erscheinen, das Anlegen neuer Rubriken erfordern.
  • Jede Rubrik sollte zusammen mit der Symptom- und Prüfernummer aufgenommen werden.

PROTOKOLL

Ein detailliertes Protokoll sämtlicher die Arzneimittelprüfung betreffenden Informationen (einschließlich Kommentaren, Schwierigkeiten, ‘Abkürzungen’ und Ueberlegungen, die während der Arzneimittelprüfung zu Entscheidungen führten usw.), sollte als bleibende Aufzeichnung aufbewahrt werden.

NICHT-HAHNEMANNISCHE ARZNEIMITTELPRUEFUNGEN

Jede Information, die aus irgendeiner anderen Form der Arzneimittelprüfung gewonnen wurde als von einer vollständigen, gut durchgeführten hahnemannischen (‘Standard-’) Arzneimittelprüfung, sollte nur dann als gültig und nützlich betrachtet werden, wenn sie sich im Vergleich mit dem Material einer guten hahnemannischen Standard-AMP bestätigt. Solches Material sollte klar ersichtlich als ‘zusätzliche interessante Information’ aufgenommen werden und in jeder daraus hervorgehenden Materia Medica die Quelle und deren Art angegeben werden.

Prüfungsablauf

Kurzbibliographie

  • Samuel Hahnemann, Organon der Heilkunst
  • J. T. Kent, Lectures on Homeopathic Philosophy (‘Kent’s Organon-Kommentar’)
  • Jeremy Sherr, The Dynamics and Methodology of Homeopathic Provings
  • George Vithoulkas, Science of Homeopathy (Wissenschaftliche Homöopathie)

Dieses Dokument ist Eigentum des ECCH und ICCH, aber es wird der weltweiten homöopatischen Gemeinschaft verfügbar und zugänglich gemacht als öffentliche Dienstleistung und als ein Dienst an der Homöopathie. Es ist ein Dokument, das sich weiterentwickeln kann und verbessert werden kann im Bemühen, es zu vervollkommnen. Konstruktives Feedback zu seinem Inhalt wird in ernsthafte Ueberlegungen einfließen der ECCH und ICCH Arzneimittelprüfungs-Gruppen und Räte. Kommentare und Verbesserungsvorschläge können uns zurückgesendet werden auf Fotokopien dieses Dokumentes oder ein gesondertes Blatt geschrieben, an das Sekretariat:

ECCH / ICCH,
Schoolhouse
Market Place, Kenninghall
Norfolk NR16 2AH England
Tel. + Fax 44-1953888163
mailto: ecch@homeopathy-ecch.org,
web: www.homeopathy-ecch.org
ECCH & ICCH, 1997/1998

Uebersetzung Carl Classen 1999

Hinweis: Die englische Fassung der ECCH Proving Guidelines wurde 2009 gründlich überarbeitet, siehe vorstehenden Link. Die vorliegende Übersetzung gibt dennoch eine grundlegende Idee.