Heilkunst und Ethik – subjektiv, aber richtig!

Nachdem die Erforschung der Homöopathie vorgeblich kein wissenschaftswürdiges Thema mehr sei, kommen die Kampagnen gegen die Homöopathie zunehmend moralisch diskreditierend daher. Diese Entwicklung findet nicht nur am Spülsaum der Foren-Kommentare statt, sie wird von einzelnen Lehrstuhlinhabern untermauert und von Agenturen verbreitet. Mit den Zweifeln an der Lauterkeit unserer Motive wird Misstrauen gesät, dies betrifft derzeit v.a. die Komplementärmedizin, letztlich und vor allem aber jeden Versuch eines spirituellen Lebensentwurfs.

Dabei finden wir in der Ethik Fundamente, die die Ganzheitsmedizin und Homöopathie insgesamt stützen, die von deren Wurzelwerk gar nicht zu trennen sind. Ethische Wurzeln, die  für die Gesamt-Medizin fruchtbar werden können. Es gibt Gründe zur Achtsamkeit, und es gibt ein begründetes Selbstbewusstsein als HomöopathInnen.

Das riesige Thema der „verlorenen Kunst“ konnte ich mit einem Beitrag, veröffentlicht in „Homöopathie-Konkret 2/2019“ zunächst nur anschneiden:

Für das auch nicht gerade kleine Thema „Ethik“ meine ich, einen für unsere derzeitigen, fach- und berufsinternen Prozesse geeigneten Grundlagen-Artikel verfasst zu haben. Mein Fokus liegt dabei weniger auf Richtlinien — solche gibt es hinreichend — sondern auf der möglichen Sensibilisierung in Ausbildungen wie auch im kollegialen Umfeld:

… Hintergrund und eine Kernaussage …

Ethik-Richtlinien hatten SHZ und BKHD schon Anfang des Jahrtausends parallel zu ihren Qualifizierungs- und Zertifizierungs-Systemen ausgearbeitet. Beide machten das Thema Ethik auch zum Ausbildungsgegenstand, der VKHD übernahm die Richtlinien in seine Berufsordnung, SHZ und VKHD pflegen eine Ethik-Kommission als Ansprechpartner für PatientInnen. Solche Richtlinien sind ihrer Natur nach auf eine „Ethik des Sollens“ ausgerichtet. Dennoch bewirken sie weitaus mehr durch eine Sensibilisierung als durch Reglementierungen. Freilich nur, wenn das Papier sich nicht in den Schubladen langweilt.

Damit’s nicht bei Papier und Kommissionen bleibt, gebe ich derzeit neue Anstöße und ziele vornherein auf Bewusstheit, auf eine gesteigerte Bewusstheit, aber auch kritische Reflexion unserer Primär-Motive (und dort mögliche Fallen). Ich ziele auf eine intrinsisch motiviert praktizierte Ethik und setzte auf individuelle wie auch in geeigneten Gruppen bewegte ethische Reflexion, eingebettet in die heute so genannten psychosozialen Kompetenzen. Ethiker ordnen solche Ansätze als „Strebens-Ethik“ ein.

Die eher normative Sollens-Ethik füllte einen Raum zwischen handelndem Subjekt und Gesetz, kann insofern einen Puffer bilden, beispielsweise für außergerichtliche Einigungen in Konfliktfällen. Dies wäre der worst case und eigentlich zu spät; sehr viel lieber ist uns, wenn gar nicht erst irgendein Kind in den Brunnen fällt. Eine Strebens-Ethik richtet sich im Unterschied hierzu unmittelbar an das handelnde und wirkende Subjekt selbst, auf die einesteils intuitive, aber immer auch reflektierte Übereinstimmung innerer Beweggründe, Erfahrungen und Folgen-Abschätzungen mit dem, was die jeweils gegenwärtige, konkrete Situation zum Besten aller Beteiligten erfordert: sie führt in die Freiheit. Zur Visualisierung dieser Dynamik hatte ich für den Kongress in München-Ottobrunn (2.-3.11.19), Impulsbeitrag zur Podiums-Diskussion, u.a. die untenstehende Folie erstellt.

Nochmal ganzer Artikel (ohne diese Folie): Heilkunst und Ethik – subjektiv, aber richtig

C. Classen, 2019

Ethik des Sollens oder des Strebens