Werbung und Patientenakquise – was ist erlaubt, was ist zu empfehlen?
Aktualisiert entsprechend der Okt. 2012 in Kraft getretenen Neufassung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG)
Leitender Gedanke der besonderen Werbeeinschränkungen außerhalb von Fachkreisen ist der so genannte Verbraucherschutz. Einige eher als gängelnde empfundene Einschränkungen im HWG, wie bspw. das Verbot nicht allgemein verständlicher Begriffe, sind in den letzten Jahren weggefallen. Allerdings wird der Gesundheitsbereich immer mehr als ein gewöhnlicher Markt unter Märkten betrachtet, Liberalisierung bedeutet dann auch Kommerzialisierung.
Nachstehend erläutern wir Ihnen vorhandene Einschränkungen. Diese lassen einige Gestaltungsfreiheit. Eine stimmige, ansprechende und seriöse Gesamtwirkung ist mehr wert, als den gesetzlichen Rahmen voll auszuschöpfen, aber es gibt auch Fallstricke. Zum Schluss geben wir Ihnen Tipps zu unbedenklicher, erlaubter und empfohlener Werbung. Mit jeder der folgenden Überschriften können Sie einen ganzen Abschnitt aufklappen. Werbe-Einschränkungen bestehen für Heilpraktiker insbesondere durch:
(1) Das Heilmittelwerbegesetz (HWG)
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) betrifft medizinische Dienstleistungen und Produkte im gesamten Gesundheitsbereich. Es wurde 2012 in Anpassung an die europäische Gesetzgebung wesentlich liberalisiert. Den vollen Gesetzestext finden Sie hier im Internet. Nicht wegen des HWG, sondern aus steuerrechtlichen und öffentlichkeitswirksamen Gründen sollte insgesamt ein kommerzieller Gesamteindruck vermieden werden.
UNZULÄSSIG sind nach HWG insbesondere:
- Heilungsversprechen. Also formulieren Sie nicht: „Heilung durch…“, „wird geheilt mit…“, sondern: „kann behandelt werden mit…“ oder evtl.: „gibt eine Chance auf Heilung“.
- Werbung für „Fernbehandlung“. Bedeutet Werbung für Behandlungen, die nicht auf eigener Wahrnehmung und Anschauung beruhen. Fernbehandlung etwa per Telefon oder Skype ist auch ohne Werbung rechtlich riskant: schon durch die Sorgfaltspflicht des Behandlers erfordert alles, was eine neue Diagnose vermuten lässt, einen Praxistermin und eigene Anschauung des Patienten, oder/und Veranlassung sonstiger Maßnahmen. Telefontermine etc. zur Überbrückung von Praxisterminen und zur besseren Verlaufsbeobachtung sind etwas anderes.
- Täuschende, unwahre oder irreführende Werbung. Das steht so schon im UWG, ist im HWG aber ausführlicher gefasst. Relevant ist hier vor allem HWG § 3, Abs. 1 „Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben“. Diese Passage ist allerdings recht interpretationsoffen und nicht sehr klar. Denn unterschiedliche Forschungsansätze können zu durchaus unterschiedlichen Bewertungen ein- und desselben Therapieverfahrens führen, gleich ob nun die Wirksamkeit von Homöopathie-Behandlungen, Blutdrucksenkern oder Hüftgelenksprothesen beurteilt werden sollen. Dies betrifft nicht alleine die nach HWG § 3, Abs. 2 ohnehin verbotenen Heilungsversprechen, sondern generell jede Aussage zu Wirksamkeit. Wenn es zur Wirksamkeit gleich welcher Therapieform keinen wissenschaftlichen Konsens, und damit auch keine schulmedizinisch Anerkennung gibt, sollte bei eventuellen Aussagen zur Wirksamkeit darauf hingewiesen werden.
AUSSERHALB VON FACHKREISEN ist die Werbung mit folgenden Mittel unzulässig:
- Krankengeschichten, wenn diese missbräuchlich, abstoßend oder irreführend sind, oder geeignet sind, zu falschen Selbstdiagnosen zu verleiten. In früheren HWG-Fassungen war die Werbung mit Krankengeschichten generell untersagt. Trotz der Liberalisierung sollte mit Krankengeschichten sensibel umgegangen werden.
- Bildern von pathologisch veränderten Körper(teile)n, aber jetzt nur noch, wenn die Abbildungen „missbräuchlich, abstoßend oder irreführend“ wirken.
- Vorher-Nachher-Bilder sind jetzt nur noch in der Werbung für invasive Schönheitsbehandlungen verboten.
- Abgabe von Arzneimustern, Proben oder Gutscheine dafür, sowie Preisausschreiben. Wie wär’s mit einer Kügelchen-Tombola?
- Werbevorträge, die mit dem Anbieten oder Entgegennehmen von Anschriften verbunden sind. Also lieber um Rückruf am nächsten Tag bitten. Niemand kann Ihnen verbieten, ein Vortragsmanuskript mit Namen / Telefon / Adresse zu versehen.
- Werbung mit Dank- oder Empfehlungsschreiben, oder Hinweise auf solche, nur noch, wenn diese missbräuchlich, abstoßend oder irreführend verwendet werden, oder wenn die Nennung berühmter Personen zum Arzneimittelkonsum verleiten soll.
- Neu ist das Verbot von Werbung, die nahelegt, dass die Nicht-Anwendung eines Verfahrens oder Heilmittels die „normale“ Gesundheit beeinträchtigen würde. Hmm, was ist eine solche „normale Gesundheit“? Sicherlich verboten wäre die werbliche Behauptung, dass bspw. die Anwendung von Cimicifuga zur Erhaltung der Gesundheit im Klimakterium unverzichtbar wäre.
- Werbung, die sich auf Erkennung oder Behandlung bezieht von:
- Krankheiten und Leiden beim Menschen
- Nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen,
- bösartige Neubildungen,
- Suchtkrankheiten, ausgenommen Nikotinabhängigkeit,
- krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts.
- Krankheiten und Leiden beim Tier
- Nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen und der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten in ihrer jeweils geltenden Fassung anzeige- oder meldepflichtige Seuchen oder Krankheiten,
- bösartige Neubildungen,
- bakterielle Eutererkrankungen bei Kühen, Ziegen und Schafen,
- Kolik bei Pferden und Rindern.
- Krankheiten und Leiden beim Menschen
Weggefallen sind seit 21. Okt. 2012 die Verbote von:
- werblichen Hinweisen auf Gutachten oder Fachveröffentlichungen (Ausnahme: Werbung mit Empfehlungen öffentlich bekannter Personen, wenn dies durch deren Bekanntheitsgrad zum Arzneimittelverbrauch anregen könnte),
- werblichen Abbildungen von Ausübenden der Heilkunde in Berufskleidung,
- Angaben von Therapieverfahren und Methoden in nicht allgemein verständlichen Begriffen (früher eine häufige Quelle von Abmahnungen!),
- Anleitung zur Selbstbehandlung als Produktmarketing,
- Angstgefühle hervorrufender Werbung. Stattdessen werden „abstoßende und „missbräuchliche“ Werbemittel in konkret benannten Zusammenhängen untersagt. Immerhin verbietet das UWG (nächster Abschnitt) wenigstens die „Ausnutzung“ von Angstgefühlen.
(2) Das Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Das UWG betrifft jegliche Angebote und nicht nur den Gesundheitsbereich. Es bezieht sich nicht alleine auf dasjenige, was der Laie als Werbung bezeichnet, sondern auf jegliche geschäftliche Handlung, die zum Verkauf von Waren oder zur Vereinbarung einer Dienstleistung führt – was man modern eben auch „Marketing“ nennt. Im Therapiebereich reicht dies bis zu der notwendigen Aufklärung vor Beginn einer Behandlung. Die Anpassung an europäisches Recht führte auch beim UWG zu zahlreichen Änderungen in den letzten Jahren. Verboten sind laut UWG in der Fassung vom 3.3.2010 insbesondere:
- unlautere geschäftliche Handlungen,
- irreführende geschäftliche Handlungen,
- vergleichende Werbung, soweit sie nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt,
- unzumutbare Belästigung.
Für unsere Zwecke näher zu erläutern sind die Begriffe „unlautere“ und „irreführende“ geschäftliche Handlungen.
Unlautere geschäftliche Handlungen können Auftritt und Werbung, aber auch unlautere Aufklärung vor Behandlungsbeginn oder unlautere Formen der Patientenbindung umfassen. Sie sind insbesondere dann anzunehmen, wenn:
- Druck auf den Patienten ausgeübt wird,
- Angst, Leichtgläubigkeit, Alter, Behinderung oder eine Zwangslage ausgenutzt werden,
- Mitbewerber verunglimpt werden,
- mit Rabattsystemen ohne Angabe klarer Bedingungen geworben wird,
- die fachliche Sorgfalt fehlt und Patienten beeinflusst werden Entscheidungen zu treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten,
- unwahre Angaben über Gefahr für die persönliche Sicherheit des Patienten, falls dieser die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt,
- die unwahre Angabe, eine Ware oder Dienstleistung könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen.
Was ist nun „wahr“ und „unwahr“? Wer sich je näher mit Fragen der Medizinforschung befasst, der weiß, dass die Linie zwischen beidem im Lebendigen selten so evident auf der Hand liegt, wie sich der Satz vom Kaffee scheidet. Die Wahrheit liegt zunächst nur im Subjekt, in der Intention des Forschenden. Gleich ob Hüftgelenksoperation, Blutdrucksenker oder homöopathische Behandlung: unterschiedliche Studiendesigns bringen häufig ganz unterschiedliche Ergebnisse. Die Auswertung vieler Studien durch Metaanalysen soll Fehler ausgleichen, doch Metaanalysen sind besonders leicht manipulierbar. Als unwahr im Sinne des UWG betrachtet wird die werbliche Aussage, eine Therapie gäbe eine Heilungschance, wahrscheinlich dann, wenn es überhaupt keine Hinweise auf eine mögliche Wirkung gibt. Positive Forschungsergebnisse dürfen natürlich genannt werden, doch im Sinne des Irreführungsverbots nicht ohne eine womöglich umstrittene Studienlage zu verschleiern. Die Rechtsprechung bleibt zu beobachten.
Irreführend sind Werbung und andere, Therapieentscheidungen des Patienten beeinflussende Handlungen in unserem Bereich vor allem dann, wenn:
- unwahre Aussagen getroffen werden,
- täuschende Angaben über Art, Durchführung, Risiken, Tauglichkeit oder Kosten der Behandlung gemacht werden,
- täuschende Angaben zur Person des Heilpraktikers, etwa zu Qualifikation, Titel, Zulassung oder Mitgliedschaften gemacht werden,
- täuschende Angaben zu einem Verhaltenskodex (bei uns: Berufsordnung, Ethikrichtlinien) oder zu den Rechten des Patienten getroffen werden,
- ein verdecktes Sponsoring vorliegt.
Auch das Verschweigen wesentlicher Tatsachen, beispielsweise von Risiken oder das Verschweigen der Grundlage der Preisberechnung, kann als Irreführung gewertet werden. Der Gesetzgeber berücksichtigt dabei die Grenzen der jeweiligen Kommunikationsmittel: Ein Praxisflyer kann keine wissenschaftliche Abhandlung sein, er ersetzt aber auch nicht das aufklärende Gespräch.
Als irreführend gilt auch die Nennung real vorhandener Qualifikationen, wenn diese mit der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ oder „Heilpraktikerin“ so verbunden werden, dass für den Laien der falsche Eindruck eines staatlich geprüften Titels entsteht. Zertifizierungen sind daher auf Briefpapier, Visitenkarten, Website und Praxisschild räumlich von Namen und Berufsbezeichnung zu trennen! Akademische Titel sind mit Fakultätsangabe aufzuführen, also bspw. als Dr. rer. nat. oder Dr. phil., damit nicht der bloße „Dr.“ beim Heilpraktiker den falschen Eindruck eines Dr. med. aufkommen lässt.
Mögliche Folgen von Zuwiderhandlungen sind Unterlassungsklagen und Abmahnungen. Irreführende Werbung mit unwahren Angaben kann sogar strafrechtlich verfolgt werden. Ansonsten wurde auch das UWG in den letzten Jahren liberalisiert. So findet sich der frühere Begriff der „sittenwidrigen“ Werbung schon seit 2004 nicht mehr. Zugleich beobachten wir, dass dem Begriff des Verbraucherschutzes vermehrte Bedeutung zukommt. Damit werden auch an Aufklärungspflichten und an die Behandlungsvereinbarung strengere Anforderungen gestellt, im Detail nun im Patientenrechtegesetz zu finden. Das Patientenrechtegesetz ist zwar kein Werbegesetz, doch die dort kodifizierten Aufklärungspflichten umfassen alle Informationen, die einen Patienten zur Entscheidung für oder gegen eine Behandlung hinführen. Die Aufklärung über Chancen und Risiken einer Behandlung kann und muss immer im persönlichen Gespräch erfolgen, doch auch Auftritt und Werbung dürfen keine realitätsfremden Hoffnungen machen.
(3) Die Berufsordnungen -- für die Rechtsprechung nur orientierend
Die Berufsordnungen der verschiedenen Heilpraktiker-Verbände enthalten Werbebeschränkungen, die weitgehend analog der ärztlichen Berufsordnung gestaltet waren oder sind. Formal gesehen handelt es sich bei Berufsordnungen der Heilpraktiker-Verbände, anders als bei Ärzten, um Vereinssatzungen. Als solche sind sie für die Mitglieder bindend, für den öffentlich rechtlichen Rahmen haben sie eher orientierenden Charakter. Der VKHD bietet eine vergleichsweise liberale Berufsordnung, mit Hinweisen beispielsweise zur Gestaltung von Praxisschild, Anzeigen, Praxisunterlagen und Patienteninformationen. Diese sollen sachlichen und informativen Charakter haben. Aggressives Marketing, beispielsweise durch extremes Hervorheben der eigenen Person oder Tätigkeit, sollte im Interesse einer nicht marktschreierischen Außenwirkung des Berufes unterbleiben.
Sinn und Zweck von Werbeeinschränkungen in Berufsordnungen ist es, ein seriöses Außenbild zu gewahren und dem Kollektivverdacht einer Tätigkeit überwiegend gewerblichen Charakters entgegenzuwirken. Wir empfehlen daher, die Berufsordnung Ihres Verbandes wirklich zu studieren. Gute Verbände unterstützen Werbung und Patientenakquise in sinnvollem Rahmen und stehen bei Fragen gerne beratend zur Seite.
Ein aggressives Marketing kann, abgesehen von hohen Kosten, auch die „falschen“ Patienten bringen, beziehungsweise solche, deren Erwartungshaltungen nicht mit unserer Arbeitsweise vereinbar sind. Auf der anderen Seite müssen wir uns daran gewöhnen, dass Marketing im Gesundheitsbereich etwas völlig Normales ist. In Abschnitt (5) gebe ich daher eine ganze Reihe konstruktiv nutzbarer Hinweise. Vorab nur noch ein Blick auf Besonderheiten des Auftritts von Freiberuflern.
(4) Besonderheiten freiberuflicher Tätigkeit versus gewerblichem Auftritt
Die Rechtsprechung und vor allem das Steuerrecht (EStG § 18) unterscheidet zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit. Typische freie Berufe sind beispielsweise Heilberufe, Künstler, Anwälte, Architekten oder Journalisten. Die freiberufliche Tätigkeit genießt erhebliche Vorteile, indem kein Gewerbe anzumelden ist und keine Gewerbesteuer erhoben wird. Die meisten Heilberufe sind zudem von der Umsatzsteuer befreit. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist die geistige und schöpferische Arbeit, die bei einer freiberuflichen Tätigkeit im Vordergrund steht. Dies betrifft neben der eigentlichen Tätigkeit auch den Auftritt. Ein ausgedehnt „anpreisendes“ und lautes Marketing für Dienstleistungsangebote schafft einen kommerziellem Gesamteindruck. Es widerspricht damit dem Wesen freiberuflicher Tätigkeit und kann eventuell die Erhebung von Gewerbesteuer zur Folge haben. Auf politischer Ebene gefährdet ein kommerzieller Auftritt darüber hinaus die Umsatzsteuerbefreiung des Heilpraktikers.
Werbung ist auch in freien Berufen eine Realität und kein Tabu. Wesentlich ist dabei, den informativen Charakter und die Seriosität der Außenwirkung zu gewahren — nicht nur aus steuerlichen Gründen, sondern im eigenen Interesse und im Interesse des Berufes.
Zitat aus einem Infoflyer des Bundesverband der Freien Berufe, BFB (2005 auf www.freie-berufe.de):
Maßstab und Grenze der Werbung Freier Berufe ist in besonderem Maße die Orientierung ihrer Tätigkeit am Gemeinwohl. So besteht der Zweck der Werbungsregelungen im medizinischen Bereich im Schutz der Gesundheit bzw. der Sicherstellung flächendeckender medizinischer Versorgung. Im rechts- und wirtschaftsberatenden Bereich tritt der Schutz der Rechtspflege in den Vordergrund. Das Vertrauen des Patienten, des Mandanten, Klienten etc. in die allein beruflichen Notwendigkeiten folgende Tätigkeit des Freiberuflers soll geschützt werden, um einer Ausrichtung auf rein kommerzielle (Eigen-)Zwecke der Freien Berufe vorzubeugen. Nach den mittlerweile geltenden Maßstäben ist zwar der werbende Charakter bei Selbstdarstellungen grundsätzlich zulässig, zugleich muss aber deutlich sein, dass die eigene Tätigkeit nicht vordergründig rein kommerziell ausgerichtet ist. All diese Aspekte sind zu beachten, wenn die eigene Werbung, etwa auf der zu gestaltenden Homepage oder im Flyer, formuliert werden soll.
„Selbstdarstellung“ bedeutet in diesem Zusammenhang weniger persönliche Selbstdarstellung, sondern Werbung eines Anbieters für von ihm selbst erbrachten Leistungen.
(5) Empfehlungen für sinnvolle und unbedenkliche Werbung
Konzeptionell denken und dranbleiben
Der Effekt einer einzelnen Aktivität, beispielsweise eines Flyers, einer Anzeige oder eines einzelnen Vortrages, ist selten messbar. Das bedeutet nicht Wirkungslosigkeit. Interessierte Menschen werden, wenn sie keine ganz heiße Empfehlung haben, vielleicht erst beim vierten oder fünften Hinweis einmal näher hinschauen wollen, schauen dann vielleicht auf die Homepage und lassen sich mit einer Entscheidung nochmals Zeit. Regelmäßigkeit und unterschiedliche, einander ergänzende Aktivitäten bewirken am meisten.
Weiterempfehlung fördern
Die unschuldigste und zugleich kostengünstigste Werbung ist Weiterempfehlung. Ohne Weiterempfehlung durch erfolgreich behandelte Patienten läuft auch jede andere Form der Werbung in den Sand. Neben dem Behandlungsergebnis spielt der Umgang und Kontakt mit den Patienten eine große Rolle, einschließlich der Vermittlung des eigenen Tuns. Letzteres bedeutet nicht, Romane zu erzählen. Es gilt vielmehr Einfühlung und Vorstellungskraft anzuwenden, um eine Brücke zum Erleben des Patienten zu schaffen — denn anders als bei manuellen Verfahren oder Akupunktur, erlebt der Patient eine homöopathische Behandlung ja nur indirekt durch den Erfolg.
Weiterempfehlung kann man niemand auf’s Auge drücken. Doch wir haben durchaus Möglichkeiten, Weiterempfehlung zu fördern. Voraussetzung ist, dass die Patienten sich gut betreut und angemessen informiert fühlen, dass die Chemie stimmt, ein professioneller Rahmen gegeben ist und die Behandlung nachvollziehbar positive Ergebnisse bringt. Nicht nur Letzteres alleine! Förderlich für die Compliance (Mitarbeit in der Therapie) und Weiterempfehlung sind insbesondere:
- Vermittlung des eigenen homöopathischen Tuns, ggf. eingebettet in kompetente Lebensberatung,
- Visitenkarten als Beilage zu allen Briefsendungen (Rechnungen, Rezepte etc.),
- Praxismitteilungen / Patientenzeitschrift, ggf. auch als E-Mailing,
- Zeitschriftenartikel (z.B. in örtlichen Blättern, doch besser ohne werbende Aussagen),
- Vorträge und Informationsabende in der eigenen Praxis,
- Laien-Arbeitskreis zu homöopathischer Erster Hilfe, zu Möglichkeiten und (vor allem auch!) Grenzen der Selbstbehandlung.
Ansprachemöglichkeit für neue Patienten schaffen
Potenzielle neue Patienten werden — jedenfalls, soweit keine allerwärmste persönliche Empfehlung vorliegt — in aller Regel das Bedürfnis haben, sich erstmal ohne verbindlichen Rahmen zu orientieren, und dabei eine eigene, persönliche Wahrnehmung der Heilpraktikerin oder des Heilpraktikers zu gewinnen. Schließlich geht es in unserem Bereich genauso um Vertrauen wie um die Leistung an sich. Wie schaffen wir geeignete Anknüpfungspunkte zur persönlichen Begegnung? Vorträge und kleine Laienkurse können sinnvoll genutzt werden. Einen idealen Rahmen, um den Einsatz für die Sache selbst und nicht die Person in den Vordergrund zu stellen, bietet die „Internationale Woche der Homöopathie“. Voraussetzung für solche Aktionen ist allerdings eine gute kollegiale, von Konkurrenzängsten befreite Zusammenarbeit von Homöopathinnen und Homöopathen vor Ort. Die zweite Voraussetzung, mit oder ohne internationale Homöopathiewoche, ist Eigeninitiative und Kreativität. Ohne diese Eigenschaften geht in freien Berufen ohnehin nichts!
Bitte gestalten Sie Laien-Kurse und Vorträge im Sinne von gesundheitlicher Aufklärung und Anleitung zu homöopathischer Erster Hilfe, mit klaren Hinweisen zu Grenzen der Selbstbehandlung. Nicht als Schnellkurs „Wie-behandle-ich-mein-Asthma“. Gesundheitliche Eigenkompetenzen und Patientenkompetenzen sind ein großes Thema, das angemessen und mit Rücksicht auf die Komplexität gesundheitlicher Zusammenhänge gestaltet werden will. Allzu schlichten Vorstellungen der Selbstbehandlung und der Rezeptchen-Abhol-Mentalität einzelner Teilnehmer dürfen und müssen wir entgegentreten.
Faltblätter, Website und sonstiger Auftritt
Öffentlich ausliegende Flyer sind am unverfänglichsten als Vortragshinweis. Flyer mit einer Darstellung Ihrer Praxis und Ihres Angebots können Sie an einzelnen Plätzen oder besser noch gezielt weitergeben. Sachliche Information sollte stets im Vordergrund stehen. Eine Spalte zur eigenen Person ist völlig in Ordnung, von überwiegender persönlicher Selbstdarstellung und kommerziellem Gesamteindruck möchten wir abraten. Anfänger gestalten oft zu „laut“, gelegentlich mal zu schüchtern und häufig grafisch dilettantisch. Ein gediegener Auftritt vermittelt Wertigkeit und bewirkt mehr als offensichtlich Selbstgebasteltes. Professionell-werblich glattgeleckt ist auch nicht notwendig, wichtig ist Authentizität und dass Sie sich selbst wieder finden in Ihrem Auftritt. Vermeiden Sie die Abwertung anderer und alles, was als Heilungsversprechen gelesen werden kann. Also nicht „Homöopathie heilt“ (allenfalls als eher philosophisches Zitat bspw. von Ghandi), sondern „kann mit Homöopathie behandelt werden“ oder „Heilung bedeutet in der Homöopathie…“. Verzichten Sie darauf, die ganze Welt (die ganze Homöopathie) auf einem Faltblatt zu erklären, sondern begeben Sie sich in die Perspektive der Patienten hinein.
In der Praxis oder im Wartezimmer können Sie weitere Infos und Faltblätter auslegen oder Ihren Patienten mitgeben. Eine Reihe von Patienteninfos hält der VKHD bereit, weitere können Sie selbst verfassen. Möglich sind beispielsweise saisonale Ratgeber zu Themen wie Insektenstichen, Sonnenstich, Erkältungsvorbeugung, Ernährungsfragen etc.
Eine Praxis-Website ist zunächst einmal als Visitenkarte wichtig. Wer von Ihnen gehört hat, wird sich gerne auch Internet ein Bild verschaffen können. Auch hier ist eine ansprechende, auf Patientenbedürfnisse eingehende Gestaltung besser als eine Überfülle von Informationen. Internet-Auftritte und Druckerzeugnisse sollten auch weiteren, nicht werbespezifischen rechtlichen Anforderungen genügen wie bspw. der Impressumpflicht.
Die Praxiseröffnung
Geben Sie Ihrer Praxis den richtigen ‘Startschuss’. Für Ihre private Fete nutzen Sie lieber Ihren Geburtstag. Ihre Freunde werden bei der Eröffnung auch dabei sein – aber diese kennen Sie ohnehin und werden nur sehr selten in die Praxis kommen. Vielmehr:
- Beginnen Sie rechtzeitig, eine Einladungsliste anzulegen. Freunde werden bei der Eröffnung auch dabei sein – aber diese kennen Sie ohnehin und die werden nur sehr selten in die Praxis kommen.
- Sprechen Sie in Ihrem regionalen und beruflichen Umfeld wichtige Menschen persönlich an. Denken Sie an lokale Geschäftsleute, Apotheker und Physiotherapeuten, in kleinen Orten auch an Bürgermeister oder Ortsvorsteher — und haben Sie auch vor Ärzten und Kollegen keine Angst.
- Wenn Sie Glück haben oder auch in Verbindung mit einer Anzeige, kann es Ihnen gelingen, einen — dann nicht unmittelbar werbenden — Presseartikel zu lancieren.
- Schaffen Sie tagsüber die Möglichkeit zu Gesprächen unter vier Augen, im Sinne eines Tag der offenen Tür.
- Nachmittags oder abends dann biologischer Imbiss und Getränke, persönliche Ansprache und Kurzvortrag, womöglich künstlerisches Rahmenprogramm, dann wieder lockerer Austausch. Statt Ihren Werdegang selbst zu erzählen, lassen Sie sich nach einer kurzen Ansprache zur Begrüßung am besten von jemand anders vorstellen.
- Geben Sie in Ihrer Einladung und evt. auch Anzeige zur Praxiseröffnung die Zeiten an für „offene Praxis und Begegnung“ und für „Eröffnung mit Ansprache und (weiterem Programm)“
- Anzeigen, vor allem in örtlichen Mitteilungsblättern, lohnen sich zur Eröffnung am ehesten!
Inserate und Brancheneinträge
Inserate in örtlichen Mitteilungsblättern und erst Recht in Tageszeitungen sind teuer und lohnen eigentlich fast nur, wenn auf einen Vortrag o.ä. hingewiesen wird, zur Eröffnung oder nach Umzug. Oft besteht die Möglichkeit, parallel zur Anzeige einen redaktionellen Text zu veröffentlichen. Das sollte genutzt werden!
Abraten müssen wir von Inseraten auf sogenannten „Gesundheitstafeln“, „Ortstafeln“, Tafeln „Wider den Kindesmissbrauch“, „Hinweisen zur Ersten Hilfe“ und ähnlichem. Kosten und Werbeergebnis stehen nach unseren Beobachtungen in keinerlei Verhältnis. Typischer Slogan von Werbehaien: „Ihr Konkurrent… wirbt bereits bei uns.“.
Branchenbuch- und Webverzeichnis-Einträge werden oft ein Jahr lang kostenlos angeboten, und danach hängt der Heilpraktiker in einem langfristigen Vertrag, mit Kosten weit über denen einer Verbandsmitgliedschaft. Vorsicht auch mit als Korrekturabzug oder Rechnung getarnten, manchmal amtlich erscheinenden Auftragsformularen, oder mit der Behauptung einer Google-Partnerschaft. Immer Kleingedrucktes lesen! Gesundheitsbezogene Verzeichnisse, oder direkte Google-Adwords-Schaltung kommen womöglich eher infrage. Doch vorab: in die Verzeichnisse vieler Suchmaschinen kann man sich kostenlos selbst eintragen. Regelmäßige inhaltliche Web-Aktualisierungen bringen für das Suchmaschinen-Ranking mehr als teure Dienste!
Sprechstunden
Etwas schlichter denkende PatientInnen zweifeln am erfolgreichen Heilpraktiker, wenn sie sich jedesmal alleine in der Praxis finden. Gönnen Sie diesen ein paar Minuten im Wartezimmer – auch wenn das bedeutet, die anfangs eher wenigen Patienten alle auf den gleichen Dienstagnachmittag zu legen.
Werbung für Wohlfühlbehandlungen und zusätzliche Angebote
Zusätzliche Angebote können als Kontaktmöglichkeit sinnvoll sein. Aber prüfen Sie dann auch die steuerliche Seite! Nebengeschäfte wie beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel, Verkauf von Wellnessprodukten, aber auch Kurse sollten unbedingt gesondert beworben und buchhalterisch getrennt werden. Auch so genannte Wohlfühlbehandlungen, das heißt alle Behandlungen ohne medizinische Indikation, können als gewerbe- und umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit eingestuft werden. Wenn Auftritt und Buchhaltung nicht streng getrennt sind und Sie mit Praxis plus Nebentätigkeiten über den Umsatz der Kleinunternehmer-Regelung (§ 19 UStG) hinauskommen, werden die gesamten Praxisumsätze umsatzsteuerpflichtig! Besprechen Sie dies unbedingt mit Ihrem Steuerberater.
Abschließender Hinweis
Verbindliche Rechtsberatung ist nur durch zugelassene Anwälte möglich, Steuerberatung nur durch Steuerberater. Dieser Artikels möchte ohne Gewährleistung, doch nach bestem Wissen und Gewissen eine grundlegende Orientierung geben.
Carl Classen, Okt. 1999 / Jan. 2013